Dieses Rezept gelingt immer: Sich selber sein

Alles begann mit einer Kindersendung im damaligen Radio Förderband in Bern. Über 30 Jahre später gehört Sven Epiney zu den bekanntesten und erfolgreichsten Moderatoren der Schweiz. In dieser Zeit moderierte und präsentierte der gebürtige Walliser über 3000 Fernseh- und unzählige Radiosendungen. 


Lieber Sven, du hast im Moment eine kleine Ferienpause. Aber ich folge dir auf Social Media und weiss, dass du ständig aktiv bist und sehr viel machst.

Ich arbeite sehr gerne und habe Spass bei dem, was ich machen darf. Wenn man, wie ich, in der Unterhaltungsbranche arbeitet, ist Flexibilität gefragt. Die Arbeit ist fordernd und sehr abwechslungsreich. Projekte kommen und gehen, die Teams ändern von Format zu Format.

Aber neben sehr intensiven Arbeitswochen versuche ich immer wieder auch Zeit für uns zu finden und unsere Batterien aufzuladen. Der kommende Herbst wird wieder intensiv: mit TV-Produktionen, Radiosendungen und vielen weiteren Projekten.


Du bist dieses Jahr 50 geworden. Geboren bist du in Naters, aufgewachsen in Bern, jetzt wohnst du in Zürich. Fühlst du dich als Walliser, Berner oder Zürcher? 

Häufig wird über mich gesagt: «Der Walliser mit Berner Dialekt.» Und das stimmt so auch. Ich habe, bis ich sieben Jahre alt war, im Wallis gelebt. Dann haben sich meine Eltern getrennt und ich bin nach Bern gekommen. Die ganze Schul- und Ausbildungszeit habe ich in Bern verbracht. Deshalb rede ich auch Berndeutsch. Aber im Herz bin ich Walliser. Oberwalliser! 


Also nicht Zürcher? 

Zürich ist eine tolle Stadt, bietet sehr viel und ich lebe sehr gerne hier. Aber ein Walliser bleibt immer ein Walliser (lacht). 


Wenn eine Quizshow wie «5gegen5» oder «al dente» gemacht wird: Wie viel Einfluss hast du als Moderator dabei? 

Das ist unterschiedlich: Formate wie «5gegen5» sind eingekauft, da gibt es viel weniger Spielraum, da diese Konzepte ja bereits bestehen. Bei Eigenentwicklungen wie «al dente» hingegen hatte ich natürlich viel mehr Einfluss und konnte alle meine Ideen einbringen. Aber auch bei eingekauften Formaten bringe ich natürlich meine Persönlichkeit mit ein. 


Hast du ein Lieblingsformat? 

Nein. Jedes Format ist anders und hat seine eigenen Herausforderungen. Sendungen wie «5gegen5» zum Beispiel: Da haben wir jeden Tag fünf bis sechs Sendungen aufgenommen, innerhalb von zehn Tagen haben wir die Sendungen für fast drei Monate produziert. Da kommt es darauf an, dass die letzte Sendung am zehnten Drehtag immer noch so frisch daherkommt wie die erste.

Eine Live-Sendung am Samstagabend ist was komplett anderes: Da wird im Team alles perfekt vorbereitet und geprobt, damit dann, wenn du live bist – da hast du dann ja keine zweite Chance –, alles perfekt läuft.

Beide Arten, Fernsehen zu machen, machen total Spass, aber man kann sie nicht miteinander vergleichen.

Höhepunkte sind jeweils die «Magic Moments», wo etwas Emotionales, Lustiges oder Unvorhersehbares geschieht. Momente, bei denen auch Tränen fliessen. Bei meiner Arbeit ist mir wichtig, dass ich den Menschen auf Augenhöhe begegnen kann; dass sie sich sicher sein können, dass sie ernst genommen werden. Dann bekommt man meist auch sehr viel mehr zurück.


Hast du ein Erfolgsrezept? 

Ich versuche stets, mich selbst zu sein. Ich spiele in den Sendungen keine Rolle wie ein Schauspieler. Ich bin keiner, der auswendig gelernte Texte aufsagt. Viel lieber gehe ich gut vorbereitet und spontan auf die Menschen ein. 


Die unmittelbar nächsten Projekte?

Am 1. Oktober lief «Wer wohnt wo?». 2023 geht es mit neuen Folgen weiter. Ansonsten bin ich wie immer an vielen verschiedenen Projekten dran.


Apropos «Wer wohnt wo?»: Wie und wo wohnst du?

Wir wohnen in Zürich in einem alten Haus. Bei der Renovation haben wir bei vielem selber mit angepackt und nach unserem Gusto gestaltet. Es ist auch eine Leidenschaft von mir, handwerklich zu arbeiten. Ich habe eine kleine Werkbank im Keller, die oft zum Einsatz kommt. Als Letztes haben wir vor einigen Monaten unser Bad selber umgebaut. So gibt es bei uns zu Hause alte Elemente, kombiniert mit modernen Dingen. Die offene Küche ist der Mittelpunkt und Begegnungsstätte für Familie und Freunde. Es ist so eingerichtet, dass wir uns sehr wohl fühlen, denn es ist für uns der perfekte Rückzugsort, unsere kleine Oase.

Du hast in deinen vielen Sendungen ja auch viel Stars angetroffen und interviewt. Welche Begegnungen fandest du besonders schön?

Die, wo ich spürte, dass sie trotz Weltstar-Status authentisch sind. Da hatte ich die interessantesten Gespräche und die besten Momente. Das gilt meiner Erfahrung nach auch umgekehrt: Ich hatte mit Sting, Robbie Williams oder Boris Becker sehr offene und persönliche Gespräche, weil wir nicht unter Zeitdruck waren und weil auch ich mich auf sie einlassen konnte und nicht als Journalist nur den Finger auf die kritischen Punkte gelegt habe. 


Gibt es Stars, die du gerne mal treffen würdest?

Es gibt ein paar Musik-Idole aus meiner Kindheit wie George Michael, welche ich gerne mal angetroffen hätte. Aber so eine Bucket-List habe ich nicht. Was sicher sehr interessant wäre, wenn ich einmal eine halbe Stunde mit Chris Martin von Coldplay darüber plaudern könnte, wie es sich für ihn anfühlt, wenn sie auf diesen Welttourneen in diesen ausverkauften Riesenstadien immer diese wahnsinnige Stimmung und diese Vibes kreieren. 


Hast du Vorbilder? 

Ich habe ganz viele Vorbilder in meinem privaten Umfeld. Meine Mutter bewundere ich dafür, wie energievoll sie Dinge anpackt; meinen Vater, wie intellektuell und belesen er ist; Freunde, wie besonnen sie mit den Kindern umgehen, und andere, wie gut sie kochen ... 


Du bist ja nicht nur TV-Mann, sondern machst auch viel Radio. Das Radiostudio ist jetzt auch nach Leutschenbach umgezogen. Was bedeutet das für dich?

Ich habe viele Jahre SRF 3 gemacht, zuerst die Hitparade und dann Morgensendungen moderiert und bin dann zum 1 gewechselt. All das aus dem Radiostudio am Brunnenhof. Das Gefühl ist ein bisschen, wie wenn man privat vom kleinen, charmanten Altbau in eine moderne Wohnung umzieht: Man vermisst das eine oder andere, was man lieb gewonnen hatte, freut sich aber auch über die neue moderne Wohnung. 


Du bist ja auch auf Social Media aktiv und zeigst auch mal etwas Privates. Wie gehst du mit dem Thema um? 

Das mache ich sehr situativ: Manchmal poste ich ein bisschen mehr, dann auch mal wieder ein paar Wochen fast nichts oder nur mal eine Story. Ich glaube nicht, dass meine Social-Media-Timeline die Chronologie meines Lebens sein muss. 


Zum Thema «Ehe für alle» hast du dich natürlich schon geäussert, weil es euch ja auch persönlich betrifft. Jetzt, wo ihr heiraten dürft: Wann ist es so weit?

Also eigentlich wollten wir 2020 konkret mit der Planung anfangen. Aber dann hat Corona auch unserer Planung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und jetzt finden wir, dass uns das ja nicht davonläuft. Wir haben heute also noch kein konkretes Datum.


Reden wir über die Gastronomie: Du hast «al dente» gemacht, du moderierst grosse Anlässe, zum Beispiel von GaultMillau. Man spürt, dass du dich für die Gastronomie und gutes Essen interessierst. Woher kommt das?

Das stimmt: Ich interessiere mich tatsächlich für mehr als meinen berühmten Schoggikuchen. Das hat damit zu tun, dass ich in einem gastronomischen Umfeld aufgewachsen bin: Meine Grossmutter kommt aus einer Zermatter Hotelierfamilie. Sowohl meine Mutter wie auch mein Vater kochen sehr gut, mein Partner Michael hat im ersten Job Koch gelernt. Ein Thema also, das mich immer begleitet.


Was bedeutet essen für dich?

Essen ist weit mehr als Nahrungsaufnahme! Essen ist Genuss, ist sozial, ist Lebensfreude. Ich esse so gut wie nie allein. Mindestens sind wir zu zweit, häufig zu dritt oder mehr bis zur grossen Runde. Und was gibt es Schöneres, als in guter Gesellschaft gutes Essen zu geniessen? 


Wer kocht bei euch zu Hause mehr? Michael oder du?

Ganz häufig kochen wir zusammen, so macht es ja auch am meisten Spass.


Aber wer ist dann der Chef?

Kommt darauf an, was wir machen; aber in der Regel ist Michael Chef bei den Hauptgängen, bei den Desserts ich.


Ihr geht auch viel in Restaurants essen. Was macht für dich einen richtig guten Restaurantbesuch aus?

Das hat nichts mit der Restaurant-Kategorie zu tun. Ob beim Fine Dining oder im Imbiss: Es ist wichtig, dass es mit frischen Zutaten, Lust und Engagement hergestellt wurde, und wenn es noch jemand mit Liebe und einem Lächeln serviert, dann bin ich sehr glücklich. 


Hast du ein Lieblingsgericht?

Nein, ich bin einer, der wahnsinnig gerne neue Dinge und regionale Spezialitäten probiert.


Und etwas, was du gar nicht isst?

Koriander! So leid mir das tut: Mein Schatz liebt Koriander sehr. Aber ich kann ein Gericht nicht mehr essen, wenn es auch nur ein bisschen dran hat. Schmeckt wie Seife! 


Gibt es ein Gericht aus deiner Kindheit, welches du wieder mal essen möchtest? 

Meine Grossmutter hatte immer einen süssen Griesbrei gemacht – sie nannte ihn Simula, wahrscheinlich vom italienischen Wort für Griess, Semola, abgeleitet – der war so wunderbar. Ich habe ihn auch selber versucht zu machen, aber so gut wie sie konnte das sonst niemand.


Christa Rigozzi (Interview)

Tom Wiederkehr (Foto)


Das Interview wurde im Tessin Grotto in Zürich geführt.


Zurück Zum Blog